Ö1, Kulturjournal (Radio)

Kulturjournal, 11.10.2012
Der österreichische Regisseur Richard Wilhelmer legt als ersten Spielfilm ein subtiles Genrespiel im sommerlichen Berlin vor. Der Film war erstmals auf der Diagonale präsentiert worden und ist jetzt im Kino zu sehen.

Bei seiner No-Budget-Produktion standen Richard Wilhelmer dank freundschaftlicher Beziehung etablierte Schauspieler wie Robert Stadlober und Paula Kalenberg zur Seite, die ein Quartett Berliner Bobos in der Welt der Werbeagenturen und Kreuzberger Altbauwohnungen spielen. Im Spannungsfeld ermüdeter Beziehung, angehender Flirts, komplexer Freundschaftsbegehren und enttäuschter Erwartungen findet man sich zur gemeinsamen Sommerfrische zusammen. Angezogen wie Kinder in den 1980ern, bewegen sich die Protagonisten in satten Sommerfarben, die das Bild durchfluten.

Oberflächlich erweckt alles den Anschein eines klassischen Beziehungsfilms, wobei bereits hier der Fokus auf die einzelnen Protagonisten ebenso fließend wechselt wie die Problemlage. Überdies stört Wilhelmer von Beginn an die scheinbar glatte Erscheinung durch die Verwendung von Bach und Pergolesi im Soundtrack, die bereits eine Distanz aufbauen, einen bewussten Irritationsmoment im urban-hippen Ambiente setzen.

Suspense
Viele essenzielle Ereignisse werden nicht gezeigt oder nur gestreift, auf scheinbar belanglosen Alltagshandlungen verharrt die Kamera hingegen. Und so schleicht sich sukzessive und lakonisch der Suspense in die Narration, erfolgt der eigentlich brutale Plottwist subtil, schleichend und doch merklich, wenn schließlich eine der Hauptfiguren verschwindet.

“Es ist leicht, sich in einem Genre zu bewegen oder in einem Umfeld, das einen umgibt”, erklärte der gebürtige Steirer Wilhelmer, der mittlerweile in Berlin lebt, seinen leichtfüßigen Ansatz. Zugleich nehme er selbst die Inszenierung seiner Protagonisten wahr wie Tiere im Zoo.

“Viel Zeit für Rollenarbeit hatten wir eigentlich nicht – oder man konnte über seine Rolle nachdenken, während man ein Stativ getragen hat”, erinnerte sich auch Wilhelmers Schauspielstar Stadlober an die Produktion, die praktisch ohne finanzielle Mittel auf die Beine gestellt wurde. In gut zwei Wochen in Berlin gedreht, machte sich Wilhelmer hernach neun Monaten an den Schnitt.

Gestaltung: Benno Feichter
Text: APA, Red., Audio: ORF