FM4 - Radio AT, (online-Berichterstattung)

fm4

Diese Debüts!

Für Entdeckungen ist die Diagonale immer gut. Marie Kreutzer und Richard Wilhelmer feierten mit ihren ersten Kurzfilmen Premieren in Graz. Jetzt sind ihre Spielfilme erstmals hierzulande und auf der Diagonale zu sehen.

Diagonale auf FM4

Beide haben das Drehbuch selbst geschrieben, und beide konzentrieren sich in ihren Geschichten auf private Welten: Marie Kreutzer und Richard Wilhelmer zeigen ihre ersten Spielfilme hierzulande erstmals auf der Diagonale. Für Kreutzers “Die Vaterlosen” gab es auf der Berlinale eine lobende Erwähnung, Wilhelmers “Adams Ende” hatte auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis Premiere. Ihre Figuren sind in etwa so alt wie die jungen österreichischen Filmemacher. Und Rio Reisers Stimme hört man in beiden Debüts von der Liebe singen. Will aber nicht heißen, dass man sich einen der Filme auswählen sollte. Im Gegenteil: Man sollte sich “Die Vaterlosen” und “Adams Ende” anschauen.

(…)

Präzises Erzählkino

Obwohl Marie Kreutzer und Richard Wilhelmer jeweils andere, eigenständige Geschichten erzählen, gibt es Parallelen. Nicht zuletzt ist die Spoiler-Gefahr bei ihren Filmen hoch, denn sie bieten Erzählkino im besten Sinne. Bloße Inhaltsangaben vorab könnten ihren Filmen zwar nicht die Wirkung rauben, doch einem als ZuseherIn Geheimnisse nebenbei verraten. Das muss wirklich nicht sein, finde ich. Darum nur so viel: Wenn der Abspann läuft, wird man wissen, was los war. Und wie klug die Filmemacher erzählen.

Weder „Die Vaterlosen“ noch „Adams Ende“ verlieren sich in Befindlichkeiten, und verfallen nicht der verführerischen Schönheit melancholischer Momente. In “Adams Ende” kommt es ganz anders ganz dick. Der Film baut eine erzählerische Dichte auf – und biegt in den finalen zwanzig Minuten Richtung Psychothriller ab. Jemand wird verschwinden. Es bleibt nicht bei einem beim Rasenmähen geköpften Maulwurf, den Robert Stadlober als Adam betrauert.

Wilhelmers Anfang

Richard Wilhelmer liebt das Spiel mit den Genres. Auf der Diagonale ist auch sein Experimentalfilm “Strange Love” zu sehen, in dem sich ein Cowboy und eine Frau in den Armen liegen und sich zeitgleich mit einem Bombardement eines Tals in den Höhepunkt steigern. Für seinen ersten Spielfilm wäre jedoch ein derartiger technischer Aufwand, wie er ihn auch für seinen ersten Kurzfilm “A Golden Foretaste of Heaven” betrieben hat, unfinanzierbar gewesen. Der 27-Jährige wusste, er muss die fiktiven Möglichkeiten des Kinos anders angehen. Für “Adams Ende” hat er sich auf die Dramaturgie konzentriert. Die Lieben und Leiden junger Leute im Westen von heute dirigieren das beachtliche Kammerspiel.

Adam und Anna sind zusammen seit Ewigkeiten. Da trifft Adam (Robert Stadlober) seinen besten Freund Konrad (David Winter) wieder. Adam will wieder einmal etwas mit Konrad unternehmen, will mit ihm auf Urlaub fahren.

Anna findet den Vorschlag super, und schlägt vor, doch auch Carmen mitzunehmen. Sehr zur Freude von Konrad. Clever entwickelt Richard Wilhelmer in „Adams Ende“ ein Drama, das den (Beziehungs-)Alltag junger Menschen zeigt. Für Außenstehende führen Anna und Adam eine perfekte Beziehung, aber im Innersten richten sie sich in ihrem zweisamen Nebeneinander zugrunde. Konrad hat einen Job als Bademeister, eine kleine Wohnung und niemanden, für den es sich lohnt, einmal so richtig aufzuräumen. Anna versteckt Süßigkeiten in der Spüle, und ist des Öfteren länger im Bad. Sex könnte man im Urlaub haben, da gehört er ja irgendwie doch dazu. Nach wem sich Adam sehnt, zeigen die Fotos auf seinem Laptop am Arbeitsplatz in der Agentur.

“Adams Ende” hat Richard Wilhelmer in Berlin und in nur zweieinhalb Wochen gedreht. Der gebürtige Judenburger ist Absolvent der Grazer Ortweinschule und studiert Experimentelle Medien an der Universität der Künste Berlin. Die Produktion eines klassischen Spielfilms ist in seinem Studium gar nicht vorgesehen. Doch Wilhelmer wollte sich im Langfilm ausprobieren. Der Schnitt nahm dann neun Monate während eines Stipendienjahres in Los Angeles in Anspruch.
Produziert hat Richard “Adams Ende” selbst, denn mit den Mechanismen der Filmbranche müsse er sich noch näher vertraut machen.

Das wird hoffentlich bereits noch bis Sonntag auf der Diagonale passieren. Denn wie Marie Kreutzer hat Richard Wilhelmer bereits eine nächste Geschichte im Kopf. Und wie sich die in bewegten Bildern abspielen würden, das sähe ich doch allzu gerne.

(FM4, Maria Motter)